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Endlich! Sommerferien. Oder?!

Wieder einmal nahen die großen und herrlich langen Sommerferien. Eine Zeit ohne Unterrichtsvorbereitung und Korrekturen. Eine Zeit sich zu erholen, sich seiner Familie, seinen Freunden und seinen Hobbies zu widmen. Eine lang erwartete, schöne Zeit. Oder?
Leider wird die sommerliche Auszeit von vielen Kolleginnen und Kollegen zunehmend als zu kurz empfunden. Viele klagen darüber, dass sie sogar nach sechs Wochen Ferien übermüdet, unmotiviert und ausgepowert seien.

Sommerferien – Freizeit wovon ?

Es scheint paradox. Das Privileg der langen Ferien scheint nicht zu genügen, um Lehrkräfte dauerhaft für ihren Beruf motiviert und gesund zu halten. Natürlich kann eine lange berufliche Auszeit von mehreren Wochen den Arbeitsrhythmus nachhaltig stören. Doch dies dürfte kaum der Grund sein, dass so nachhaltig, so wiederholt und so übergreifend geklagt wird. Die Freizeit selbst scheint das Problem zu sein. Beziehungsweise die Art, sie zu gestalten. Soziale Berufe – wie die des Lehrers zum Beispiel – sind stets davon geprägt, dass man sie gedanklich nicht einfach am Arbeitsplatz lassen kann. Man kann den „Bleistift nicht um fünf Uhr fallen lassen“. Natürlich gilt dies auch für andere Berufe. Aber gerade Pädagogen neigen dazu, sich Arbeit mit nach Hause und eben auch mit in die Sommerferien zu nehmen. Sie schalten nicht „richtig“ ab.

Mehr als Unterricht

Mehr als vielen von uns zu Beginn unserer beruflichen Tätigkeit klar gewesen sein dürfte, belastet der Lehrberuf über Gebühr. Neben der reinen Unterrichtstätigkeit sind wir zum Teil die ersten Ansprechpartner bei häuslichen, juristischen, sozialen, emotionalen und sexuellen Problemen unserer Schülerinnen und Schüler. Man berichtet uns ungefragt und zum Teil überraschend bis überfallartig von Übergrifflichkeiten aller Art. Buchstäblich zwischen Tür und Angel werden wir Zeugen von depressiven Verstimmungen, massivem Drogenkonsum und scheinbaren Hoffnungslosigkeiten. Auch wenn wir anders wollten, so zwingt uns das Unterrichtsgeschäft jedoch meist zu bloß kurzen, oberflächlichen und hilflosen Reaktionen. Meist verweisen wir weiter, müssen unterbrechen oder abwürgen und werden vor allem stets mit der eigenen Inkompetenz konfrontiert, deren Fratze uns nicht selten und gerade in unserer Freizeit angrinst.

Einzelkämpfer

Hinzu kommt der Umstand, dass das Erziehungsgeschäft einsam ist. Da Lehrer im Unterricht zumeist Einzelkämpfer sind, haben viele nicht gelernt, sich ihren Kolleginnen und Kollegen zu öffnen. Teilweise auch aus Angst, Schwächen zu offenbaren. Hin und wieder ist auf einer Konferenz zwar der Einwurf zu hören, dass man für gewisse erzieherische Aufgaben nicht genügend qualifiziert sein, doch meist verhallen diese Stimmen ungehört. Was also tun? Weitermachen, bis es nicht mehr weiter geht?

Sommerferien – Freizeit wozu?

Mein Vorschlag: Nehmen Sie etwas anderes als den Beruf mit in die Sommerferien: sich selbst und ihre eigenen Bedürfnisse. Genau die Bedürfnisse, die im Alltagsgeschäft so häufig vergessen werden, dass man sich nach einigen Jahren nur noch vage daran erinnert: schreiben Sie das Buch, das sie immer schreiben wollten. Malen Sie das Bild, das sie immer malen wollten. Fangen Sie dieses mal wirklich den Sprachkurs an. Nehmen sie das Instrument, das sie einmal spielen gelernt haben aus dem Schrank. Oder lernen sie etwas ganz Neues. Liegen Sie nicht nur passiv am Strand in der Sonne, wo sich das Gedankenkarrussel  beharrlich weiterdreht.

Achten Sie dieses mal ein wenig auf sich und ihre eigenen Bedürfnisse. Und lassen Sie die Schullektüre für das nächste Halbjahr zu Hause. Sie werden feststellen, dass die Ferien dieses Mal lang und erholsam sein werden. Und nicht nur Sie selbst und ihre Familie werden davon nachhaltig profitieren, sondern auch ihre Schülerinnen und Schüler. Schöne Ferien!

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